Wäre die Welt durch Öko-Verbote ein besserer Ort?

Eine Frage der Nachhaltigkeit-Würden Öko-Verbote dem Klimaschutz helfen?

Heute ist Rachel Suhre von MamaDenkt ENDLICH wieder bei mir zu Gast, denn heute dreht sich alles um ihre Antwort auf meine Frage der Nachhaltigkeit. Wir Verbraucher können durch bewussten und achtsamen Konsum viel verändern.

Aber was, wenn das nicht reicht um WIRKLICH Großes zu bewegen?

Vielleicht sind wir an dem Punkt, an dem die Politik aktiv mehr Nachhaltigkeit einfordern sollte? Oder sogar müsste angesichts der immensen Folgen des Klimawandels? Liebe Rachel, was denkst du denn darüber?

Brauchen wir mehr Öko-Verbote?

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Liebe Alex, vor zwei Wochen ging es um unsere Kleiderschränke. Ein total spannendes und in überwiegenden Teilen konstruktives Gespräch ist zwischen uns und unseren Lesern entstanden. Wie nachhaltig kann ein Kleiderschrank sein? Was genau ist denn daran nachhaltig, Altes aufzutragen und wertzuschätzen? Ich war und bin noch immer sehr begeistert. Ich freu mich so sehr, so geniale LeserInnen zu haben. Dein Beitrag endete natürlich mit einer Frage an mich, die ich dir heute gerne auf deinem Blog zu beantworten versuche. Du willst wissen, was ich von sogenannten Öko-Verboten halte. Bieten Öko-Verbote eine Möglichkeit Nachhaltigkeit umzusetzen?

Öko-Verbote, ja oder nein

Bevor ich mit meiner Antwort beginne, hier nochmal deine Frage im Zusammenhang:

Soll und MUSS die Politik nicht vielleicht mehr Nachhaltigkeit aktiv einfordern? Nicht durch freiwillige Selbstverpflichtungen, sondern durch Verbote und Regelungen?

Ich habe die letzten beiden Wochen viel darüber nachgedacht, wie das denn so ist mit den freiwilligen Selbstverpflichtungen auf der einen Seite und den gesetzlichen Regelungen auf der anderen.

Für freie wirtschaftliche Entfaltung – gegen Öko-Verbote

Ich fange mal mit dem Argument der anderen an, die am liebsten auf jegliche Regelungen verzichten würden, um so die Vielfalt und freie Entfaltung der Wirtschaft zu sichern. Denn, machen wir uns doch nichts vor, eine riesige Industrie hängt inzwischen an der Herstellung von Verpackungen. Plastiktüten, wie sie in einigen Ländern inzwischen verboten werden, sind ja nur ein Teil davon. Diese Industrie wird so lange es geht, sich gegen Öko-Verbote oder Verordnungen stellen und Widerstand leisten, um nicht im entferntesten nachhaltige Regelungen einzuführen. Schließlich bedeuten diese ökologischen Regelungen finanzielle Verluste für Unternehmen. Gewinne ökologischer, nachhaltiger und qualitativer Art, sind für sie nicht relevant. Für das Unternehmen sind diese nicht wirtschaftlich. Selbst dann nicht, wenn andere Bereiche, wie Krankenkassenkosten zur Behandlung neuer Erkrankungen oder Kosten zur Behebung von Umweltverschmutzung dadurch in irgendeiner Weise positiv beeinflusst werden könnten.

Aber kommen wir nochmal zurück in unseren Alltag: Wir brauchen nur in den Supermarkt zu gehen und kommen mit einer Einkaufstüte Verpackungsmüll zurück. Ob Papier, Plastik oder Kunststoff ist m.E. erstmal egal. Diese Verpackungen lassen sich in der Regel nicht wiederverwenden und wir lassen jede Menge Müll entstehen. Ich kaufe diese Verpackungen doch nicht, weil ich das will, sondern weil sie als gegeben da sind. Wenn ich mit Obst und Gemüse kaufe, dann gehe ich doch davon aus, dass ich diese Nahrungsmittel guten Gewissens essen kann. Wieso sollte ich auf die Idee kommen, dass Menschen durch ihre Herstellung moderner Sklaverei ausgeliefert sind oder aber das, was ich da esse Glyphosat-Rückstände beinhalten könnte?

Für Öko-Verbote gegen willkürliches „Ich mach, was mir gefällt.“

Wir können diese Dinge nicht laufen lasse, weil mit Sicherheit schon jeder darauf achten wird. Es ist einfach nicht so, dass
a) Umweltschutz und Nachhaltigkeit selbstverständlich von Unternehmen und Einzelnen mitbedacht und umgesetzt werden (Nicht umsonst entstehen in Städten zunehmend Posten, die sich als KlimaschutzmanagerIn, Klimaschutzbeauftragte*r oder NachhaltigkeitskoordinatorIn bezeichnen.)
b) alle Menschen in Zeiten der Globalisierung gleichberechtigt beteiligt werden. (Für mich hängen beide Komponenten miteinander zusammen.)

Ein Großkonzern oder Unternehmen, das sich ähnlich wie Pippi Langstrumpf denkt, „Ich mach was mir gefällt.“ bedeutet für diesen Planeten eine Katastrophe.

Klar, es gibt mehr und mehr andere Unternehmen. Geschäftsführer und Politiker, die es bewusst anders handhaben wollen und tun. Das macht mir Mut und ich als Endverbraucher möchte diese Menschen unterstützen. Aber wer weiß schon, wie welches Unternehmen (inter)agiert? Konzerne sind inzwischen so riesig und mit so vielen Tochterfirmen bestückt, wie soll ich da als Endverbraucherin den Durchblick behalten? Geschweige denn wissen, nach welchen Maßstäben und mit welchen Kriterien ein Unternehmen produziert?

Hinzukommt, dass der/die Einzelne zunehmend seltener lernt und vorgelebt bekommt, wie ein nachhaltiges und umweltfreundliches Leben aussieht. Während meiner Workshops bin ich immer wieder erstaunt, wie viel oder wie wenig die SchülerInnen vor mir wissen. Die Schere klafft an dieser Stelle weit auseinander.

Hand in Hand

Um diese Verhältnisse zu beeinflussen hat es schon immer beides benötigt: freiwillige Selbstverpflichtung und unterstützende gesetzliche Regelungen.

Für Öko-Verbote gegen wirtschaftliche Destruktivität

Oft sind es ja Sätze, wie „Das regelt sich schon von alleine.“ oder „Wenn es wirklich nötig wird, dann wird sich etwas verändern.“, die Menschen argumentativ einbringen. Dabei sträuben sich mir die Nackenhaare. Da ist keinerlei Information über den Zustand dieser Welt. Und, was ich fast noch schlimmer finde: „das regelt sich“ oder „dann wird sich“ sind Formulierungen, die niemanden auch nur im entferntesten verbindlich sein und werden lässt. Da ist keiner, der Verantwortung trägt, tragen muss.

Wenn ich mir die vergangenen 50 Jahre anschaue, ist kaum bis gar nichts passiert, um der wirtschaftlichen und sozialen Destruktivität etwas entgegen zusetzen. Ich sehe das nicht, was viele Menschen da sagen, hoffen und in Aussicht stellen hinsichtlich Selbstregulation und notwendiger Veränderung. Katastrophen wie in Bangladesh vor fünf Jahren, wie sie immer wieder geschehen und auch davor schon passiert sind, werden publik. Menschen wissen um die Zustände, viele haben von nötigen Plastiktütenverboten und auch von Mikroplastik in den Meeren zumindest schon mal gehört. Dass sich dasselbe in ihren Duschgels, Zahnpasten und Make-Up-Produkten befindet, wissen die meisten nicht. Und alles, was wir nicht direkt vor Augen haben, beheben wir nicht. Aus den Augen aus dem Sinn, so schlimm sich das anhört.

Alleine fühle ich mich da oft hilflos. Der Gedanke, „Was kann ich schon tun?“ ist bestimmt nicht nur meiner und oftmals der Grund, der Selbstverpflichtung einschränkt.

 

Freiwillige Selbstverpflichtung ist wertvoll

Nicht, dass mich hier jemand falsch versteht: freiwillige Selbstverpflichtung halte ich für absolut notwendig. Zumal sie eine Energie hat, die eine gesetzliche Regelung nie schaffen kann. Gesetzliche Regelung sehe ich zudem nicht als Einschränkung für den Verbraucher, sondern vielmehr als Schutz. Die wirtschaftlichen Unternehmen sollen diejenigen sein, deren wirtschaftliches Wirken durch eine solche Verordnung letztendlich geregelt wird.

Oft fehlen nötige Informationen

Menschen sind und können oftmals gar nicht so aufgeklärt informiert sein, um vernünftige und mündige Entscheidungen zu treffen und sich selbst zu verpflichten. Ich glaube, dass große Unternehmen ein noch größeres Interesse daran haben, dass Verbraucher eben NICHT so informiert sind, wie es vernünftig und im Sinne sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit wäre. Doch Aufklärung ist notwendig, um sinnvolle Entscheidungen treffen zu können.

Kräftezehrender Konsumverzicht

Den eigenen Konsum entsprechend zu verändern kostet zusätzliche Kraft und Energie, gepaart mit Unwissen, so mein Eindruck, bröckelt die freiwillige Selbstverpflichtung schon früh vor sich hin. Gesetzliche Regelungen sind, sobald sie da sind, erst einmal bindend.

Gesetzliche Öko-Verordnungen sind unterstützend

Wenn der Gesetzgeber entscheidet, dass Plastiktüten verboten sind, dann muss das zum Ziel haben, dass ich gar keine Plastiktüten mehr an der Kasse kaufen kann. Das bedeutet, dass ich mir als Konsument automatisch eine eigene Lösung überlegen muss. Ich glaube, dass wir diese Herausforderung durchaus bewältigen können.

Einweggeschirr oder Strohhalme sind auch so Produkte, auf die wir gut und gerne verzichten können. Es gibt Alternativen, aus Glas, Edelstahl oder auch Nudelteig. Seattle hat letztes Jahr im August die Meldung veröffentlicht, dass Strohhalme ab Sommer 2018 in den Restaurants der Stadt verboten werden und dafür viel positives Feedback erhalten. Es wird dann einfach keine Strohhalme mehr geben. Würdest du in einem Restaurant nicht zu Mittag essen, weil es dort keine Strohhalme gibt? Ich glaube nicht, weil du danach erstmal nicht fragst, sondern nach guten Essen. Aber wenn du auf die Idee kommst, dort nicht mehr essen zu gehen, um ein Zeichen gegen Strohhalme zu setzen, wärest du erst einmal allein und es würde dauern, bis noch mehr zu dieser bewussten Entscheidung finden.

Also: Öko-Verbote, ja oder nein? Ja. Denn letztendlich werden politisch ja schon längst Entscheidungen und Regelungen getroffen, selbst wenn sie sich in jüngster Vergangenheit gegen ökologische Nachhaltigkeit richten, wie beispielsweise beim Glyphosat im November 2017. Warum nicht auch für Nachhaltigkeit Verordnungen finden?!

 

Liebe Rachel, Danke, Danke, Danke für deine engagierte und spannende Antwort. Diese Frage gährt schon lange in mir und das wird sicherlich auch noch eine Weile so bleiben. Nicht, weil ich ein großer Verbots-Fan bin, sondern weil ich mir einfach so sehr eine lebenswerte Zukunft für alle Kinder und Enkel dieser Welt wünsche. Und weil ich einfach befürchte, dass all das Reden und all die Lippenbekenntnisse vielleicht

zu wenig sind um unsere Welt noch enkeltauglich zu machen…

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Und hier kommt deine Frage der Nachhaltigkeit an mich. Deine Frage #9…

Liebe Alex, danke für diese Frage.

Ich merke, dass ich gedanklich noch einige Zeit damit beschäftigt sein werde. Die Thematik hat so viele Komponenten, an denen ich für mich noch weiterdenken werde. Nichtsdestotrotz bleibt, dass ich mir gesetzliche Regelungen wünsche. Letztenendes sollten sie als Verbraucherschutz dienen. Und selbst wenn ich meinen persönlichen Konsum in irgendeiner Weise abändern muss, dann nicht, um den wirtschaftlichen Profit von Unternehmen zu unterstützen, sondern das Leben auf diesem Planeten auch für nachfolgende Generation mehr als nur möglich zu machen. Das motiviert mich als idealistische Weltveränderin.

Wenn wir schon beim Thema gesetzliche Verordnung sind, muss ich immer an den ganzen Verpackungsmüll denken, den ich wöchentlich noch mit kaufe. Ich wünschte, dass es so manche Verpackungen einfach gar nicht geben würde. Wir arbeiten stark daran als Familie weniger Müll zu erzeugen und gehen zum Beispiel immer öfter im Unverpackt Laden und beim Bio Hofladen einkaufen. Da geht noch ganz viel und trotzdem sammelt sich noch immer gigantisch viel Müll an, bei dem ich oft nicht weiß, woher er kommt.

Wie viel Müll produziert ihr? Und was sind deine Tipps, um weniger Müll entstehen zu lassen? Fällt es dir leicht eigene Verpackungen zum Metzger mitzunehmen? Funktioniert das bei euch überhaupt?

Meine Antwort auf diese tolle Frage gibt es wie immer bei MamaDenkt.

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Ein Kommentar bei „Wäre die Welt durch Öko-Verbote ein besserer Ort?“

  1. […] Worum es in den vergangenen Fragen der Nachhaltigkeit ging? Um Kleiderschränke, das Pflanzen von Tomaten in Joghurtbechern oder auch um Politik. […]

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